11. Dialog mit dem schlauen Bergschaf-Bock
Der schlaue Bergschaf-Bock kommt ohne anzuklopfen in mein Büro und setzt sich vor mir auf den Schreibtisch. Statt den Computerbildschirm sehe ich Krickerl, eine große Nase und ein neugieriges Paar Augen vor mir.
Bock: Was mich doch auch noch brennend interessieren würde.
Ich: Äh, wozu?
Bock: Na, zu eurem Aufenthalt in den Niederlanden. Wie spielen die Verkehrsmittel ineinander? Multimodalität ist doch die einzige Lösung, die genug Freiheit, Flexibilität und Flüssigkeit im Verkehr bieten kann, um das individuell gelenkte Auto für eine Mehrheit zu ersetzen.
Ich: Ich freue mich über deine Frage, lieber Bock, und möchte wieder an einer übergeordneten Ebene ansetzen: Das verbindende Glied zwischen den Verkehrsmitteln ist die personalisierte OV Kaart. Mit dieser Karte checkt man beim Einsteigen in Bus und Zug ein und beim Aussteigen aus. Sie wird beim Fahrrad-Ausborgen gleichzeitig mit einem Chip im Fahrrad gescannt, wenn man das Rad zurückgibt, nur das Rad. Am Ende des Monats wird der Gesamtbetrag von der Kreditkarte abgebucht. Auf einer App am Handy kann man die Reisen buchen, verwalten, sieht die Preise und was man konsumiert hat. Sie zeigt alle Verbindungen und die Anzahl der Fahrräder an den Verleihstationen an.
Bock: Und wenn ich keine App verwenden will?
Ich: Du kannst auch traditionell am Bahnhof und im Bus Fahrtickets kaufen. Die Fahrräder bekommst du aber nur mit der OV Kaart, ich denke, damit das Verleihunternehmen und auch die Nutzer:innen einen Überblick über die Nutzung und die vorhandene/benötigte Anzahl hat.
Bock: Und untergeordnet? Was gibts da zu sagen?
Ich: Nur Gutes – das Netz ist super ausgebaut und der Takt bei Bussen und Zügen hoch. Umsteigen funktioniert flüssig, man scheut nicht davor zurück, Verbindungen mit zwei bis drei Umstiegen zu wählen – es funktioniert. An den Bahnhöfen in den größeren Städten gibt es Tiefgaragen mit hunderten Leihfahrrädern. Und was zu erwähnen ist: Die Orientierungssysteme sind ausgeklügelt und meist sehr gut aufeinander abgestimmt – man findet sich einfach super zurecht.
Bock: Sogar du?
Ich: Selbst ich. :D
Wie es bei mir ganz gut funktioniert und was ich selbst beitragen kann:
Mit S-Bahn und Fahrrad unterwegs sein macht Freude, solange nicht zu viele ihr Fahrrad mitnehmen. Die Plätze sind doch sehr begrenzt. In Wien funktioniert das Verleihrad-System sehr gut. Von Graz nach Wien ist die Zugverbindung aus meiner Sicht auch angenehm. Mit dem Faltrad kann man sich im Zug ganz gut bewegen, da es als Gepäck gilt und man es immer mitnehmen kann.
Ich benutze die Vorteilscard, weil ich im Alltag nicht oft mit Öffis unterwegs bin (immer Fahrrad). Ansonsten würde ich mir das Klimaticket kaufen.
Was zu tun ist:
Flexible Abstimmung der Züge und Busse, Personenverkehr vor Güterverkehr, Fahrrad-Verleihsysteme und Autoverleih gleichwertig und einfach nutzbar mit einbeziehen. Das würde auch super für Graz funktionieren.
Ad Graz: Fahrradverkehr ist für die Stadt die sauberste, schnellste und direkteste Mobilitätsform. Die Fahrräder gehören auf die Straße, diese darf von Autos mitbenutzt werden. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt innerstädtisch sowieso nicht mehr als 20 bis 30 km/h. Die Fußgänger*innen müssen ihre eigenen Bereiche behalten, der Geschwindigkeitsunterschied ist zu hoch. Die Knotenpunkte müssen soweit möglich entflochten und möglichst intelligent gemanagt werden. Smarte, flexible Ampelsysteme (so wenig wie möglich) müssen für fließenden Verkehr sorgen (Fuß und Rad vor Auto). Oberstes Ziel muss ein möglichst fließender Verkehr sein. Schranken müssen möglichst kurz schließen, Ampeln auf Verkehrsaufkommen reagieren. Öffentlicher Verkehr und Transport müssen auf Elektromobilität umgestellt werden.
Ich habe das gerade erlebt – es funktioniert!
Weiterführende Links:
https://www.spiegel.de/video/utrecht-masterplan-radverkehr-fuer-eine-neue-mobilitaet-video-99028194.html
https://www.spiegel.de/auto/radfahren-in-utrecht-und-muenster-eindruecke-aus-zwei-fahrradstaedten-a-bb4eb4c6-0977-4dc9-bd88-e992ca996c37