57. Dialog mit dem schlauen Bergschaf-Bock
Ich: Ich wundere mich oft, wenn ich Menschen beobachte, wie sie stundenlang miteinander reden. Ohne Pause. Was reden die? Worüber? Und was ist der Zweck dieses Austauschs? Meist ist es gar kein Austausch, es ist oft einfach ein Abladen, ein einseitiges oder gegenseitiges Meinungen los werden. Erzählen, Recht haben, einen Status beanspruchen, belehren, etc. – oft reden sie gleichzeitig ohne es zu registrieren ...
Bock: Naja, es geht vielleicht einfach darum soziale Bindungen zu pflegen. Ich bin da - du bist da ... alles ist in Ordnung.
Ich: Ja, denk ich eigentlich auch. Aber Kommunikation hat sich ja entwickelt, weil Individuen gemeinsam besser leben und überleben konnten. Gefahren oder Veränderungen wurden einander mitgeteilt und auch Lösungen und Erkenntnisse geteilt. So haben wir uns gemeinsam weiterentwickelt. Ich bezweifle stark, dass der Großteil unserer heutigen Gespräche konstruktiven Einfluss auf unsere Gemeinschaft hat.
Bock: Warum siehst du das so kritisch und negativ? Vielleicht erzählt man einfach möglichst viel, damit die andere Person dann aus der Vielfalt für sie Wichtiges herausziehen kann, und wir wissen gar nicht, was für andere wirklich wichtig wäre?
Ich: Ja, möglich ... ich werde darüber nachdenken.
Bock: Etwas anderes beschäftigt mich zur Zeit viel dringlicher! Und es betrifft ebenso euer menschliches Gehirn!
Ich: Ja was denn?
Bock: Wie kann ein Mensch, der am Vortag Opfer einer Überschwemmung – einer Flutwelle! – wurde, deren Ausmaß deutlich auf den mensch-gemachten Klimawandel zurückgeführt werden muss, eine Partei wählen, die den Klimawandel leugnet und nichts dagegen tun will?
Ich (kanns es mir beim besten Willen nicht erklären).
Aktuell: Marcus Wadsak am Speak-Out-Festival in Wien
Wie es bei mir ganz gut funktioniert und was ich selbst beitragen kann – was zu tun ist:
Sich auf die eigene Würde besinnen, den eigenen Kompass stärken, selbst nachdenken, mit den eigenen Gefühlen abstimmen, nicht die einfachen Lösungen nehmen, sich selbst fordern und die Gesellschaft. Über sich selbst hinausdenken und möglichst viele und vieles in sein Denken, Reden und Handeln mit einbeziehen. Den eigenen Sinn im Leben suchen und finden, diesem konsequent folgen. Dann ist man nicht mehr so leicht verwirr-, verführ- und ablenkbar.
Weiterführende Literatur & Links:
Gerald Hüther, Robert Burdy, 2024: Wir informieren uns zu Tode. Ein Befreiungsversuch für verwickelte Gehirne, Ullstein Taschenbuch
Inhaltsangabe vom Verlag
Das Informationszeitalter hat sich in ein Zeitalter der allgemeinen Verwirrung verwandelt. Unsere Gehirne sind mit einer konstruktiven Verarbeitung der täglichen Flut von Botschaften völlig überfordert. Der Hirnforscher Gerald Hüther und der Medien- und Kommunikationsexperte Robert Burdy beschreiben die konkreten Erscheinungsformen, Ursachen und Auswirkungen dieser Überflutung. Ihr radikaler Lösungsvorschlag lautet: konsequente Rückbesinnung auf das, was wir für ein friedvolles und glückliches Leben brauchen und wie wir unser künftiges Zusammenleben gemeinsam gestalten wollen. Wer diesem inneren Kompass folgt, kann sich im Dschungel der ständig hereinprasselnden Informationen nicht mehr verirren.